Symbolische Hausbesetzung für eine soziale Stadtgestaltung -- #BrinkeLebt
Forderung nach einer Stadt für alle
Hausbesetzung für eine soziale Stadtgestaltung
Aktivist!nnen der Klimagerechtigkeitsbewegung besetzten heute morgen symbolisch das Haus in der Brinkstraße 15 in Greifswald. Sie protestieren damit gegen die in Greifswald besonders ausgeprägte Gentrifizierung – gemeint ist damit der Umbau in eine "Stadt der Reichen".
Anlass für den Protest ist der Abriss des Gebäudes. Das Haus ist das letzte erhaltene der historischen "Handwerker-Mietshäuser" in Greifswald. Hier wohnten in den vergangenen Jahrhunderten die Arbeiter!nnen der Fabriken in der Vulkanstraße. Bekannt ist und war das Haus für die einzigartigen Ofenglocken (Rauchabzüge über Herden). Trotz der Denkmal-Würdigkeit des Hauses und mehrerer fertiger Planungen, mit denen das Haus hätte saniert und erhalten werden können, hat die Stadt dem Abriss des Hauses zugestimmt – obwohl sie die Möglichkeit gehabt hätte, den Eigentümer zu enteignen, um andere Interessent!nnen zu finden, die das Haus als Denkmal in der Stadtgeschichte hätten erhalten können. Nun soll an der Stelle dieses Hauses ein gesichtsloser Neubau entstehen, der allein Wohnungen im höheren Preissegment zur Verfügung stellt. Damit würde Greifswald an einem weiteren Ort spurlos seinen Charme und seine Historie verlieren. Mit der Intervention soll das verhindert werden – auch um zum Beispiel die Möglichkeit nochmal zu thematisieren, mit dem (Teil-)Erhalt der Hausfront der Geschichte des Ortes Rechnung zu tragen. Durch die Besetzung sind die Abrissarbeiten vorläufig gestoppt worden.
Wohnen als Grundrecht
Parallel dazu spitzt sich in Greifswald die Lage auf dem Wohnungsmarkt zu und Geringverdienende haben dabei zusätzlich schlechte Chancen. Nach einer aktuellen Studie gehört Greifswald zu den Städten in der gesamten Bundesrepublik, wo die soziale Entmischung von ärmeren und reicheren Bevölkerungsschichten innerhalb der Stadtteile am ausgeprägtesten ist [1].
Selbst der zuständige Landesminister Christian Pegel gab im Zusammenhang mit dieser wissenschaftlichen Untersuchung zu, dass die bisherigen politischen Maßnahmen – in ganz MV – nicht ausreichend sind, um der Präkarisieriung auf dem Wohnungsmarkt entgegenzuwirken.
"Die Schaffung von sozialem Wohnraum ist Aufgabe von Politik und Gesellschaft und darf nicht an meistbietende Investor!nnen versteigert werden", so die Aktivistin Luca Kruczynski vor Ort. "Profit-Interessen lassen Luxus-Bauten entstehen, die nur wenigen Menschen zugänglich sein sollen."
Greifswalder Stadtplanung muss sozialen Wohnraum stärken
Mit dem Abriss der Brinkstraße 15 setzt sich ein Trend fort, der auch schon in der Stralsunder Straße beim Abriss der historischen Gaststätte "Alte Flora" erkenntlich war: Es werden denkmalwürdige Häuser abgerissen um Wohn- und Geschäftshäuser im hohen Preissegment zu errichten. Davon profitieren nur Investor!nnen und nicht die Menschen, die in Greifswald wohnen und leben.
"Stadtgestaltung braucht eine echte Beteiligung aller Betroffenen", stellen die Aktivist!nnen fest. "Wir fordern dabei eine besondere Berücksichtigung von Wohn- und Gestaltungsräumen, die der gesamten Bevölkerung und der breiten Öffentlichkeit zugute kommen."
Die Aktionsgruppe ist in den nächsten Tagen ansprechbar.
Infos und Rückfragen via: ClimateJustice-Greifswald [äht] systemausfall [punkt] org
https://twitter.com/climate4justice
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Quellen:
[1] "Sozialräumliche Spaltung in Mecklenburg-Vorpommern" - Studie des sozialwissenschaftlichen Teams von Prof. Marcel Helbig von der Universität Erfurt aus dem Jahr 2019. Die Studie selbst sowie weitere Informationen der Landesregierung zum Thema Segregation in MV:
https://www.regierung-mv.de/Landesregierung/em/Aktuell/?id=157173&processor=processor.sa.pressemitteilung
Warum "Klimagerechtigkeitsbewegung"?
Die Aktivist*innen betonen, dass es jetzt dringliche Aufgabe aller Generationen sein muss, ein "Klima der sozialen Gerechtigkeit" zu schaffen und sprechen dabei von einem Systemwandel. Das bedeutet, dass sowohl auf globale ökologische Krisen als auch auf lokale Herausforderungen im sozialen Bereich reagiert werden muss. Sie verbinden damit alle sozialen Kämpfe für ein emanzipatorisches und grenzenlos solidarisches Miteinander.